Stimmrechtsalter 16: Partizipation stärken und begleiten
In ihrem 2020 publizierten Positionspapier spricht sich die EKKJ für die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre aus. Doch ist das Stimmrechtsalter 16 alleine kein Patentrezept. Es muss Teil und Ergebnis eines ehrgeizigen Programms zur Förderung der politischen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen sein.
Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre: ein politisches Dauerthema
Warum steht das Stimmrechtsalter 16 immer wieder im Brennpunkt? Weil das Thema eine grundlegende Frage des politischen Systems anspricht. Die Definition der Wählerschaft – also die Antwort auf die Schlüsselfrage «Wer darf wählen? » – ist in allen Demokratien eine Grundsatzdebatte. Die Debatten zum Stimmrecht von Ausländerinnen und Ausländern veranschaulichen, wie leidenschaftlich diese Frage diskutiert wird. Zudem geht die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre häufig mit einer grossen Hoffnung einher: die vermehrte Partizipation von Jugendlichen. Die Massnahme wird oft als einfache, effiziente Methode präsentiert, um Jugendliche an die Urne zu bringen.
Die EKKJ unterstützt die Senkung des Stimmrechtsalters
Grundsätzlich unterstützt die EKKJ die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre. Dennoch muss sie mit Blick auf die Jugendpartizipation als ergänzende Massnahme zu allen anderen Aktionen, die den Jugendlichen die Politik näherbringen, konzipiert und umgesetzt werden. Das Stimmrechtsalter 16 alleine ist nicht das Patentrezept, das die Wahlbeteiligung der jungen Erwachsenen bedeutend steigert. Es muss Teil und Ergebnis eines ehrgeizigen Programms zur Förderung der politischen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen sein.
Die EKKJ hat sich insbesondere mit den Modalitäten des Stimmrechtsalters 16 auseinandergesetzt und hat wie folgt dazu Stellung genommen:
Sie akzeptiert eine Unterscheidung zwischen aktivem und passivem Wahlrecht und schlägt vor, nur das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre zu senken.
Sie unterstützt das Stimmrechtsalter 16 auf allen drei Staatsebenen: Gemeinden, Kantone und Bund.
Sie unterstützt das Stimmrechtsalter 16, das keinen Antrag der Jugendlichen voraussetzt. Politische Rechte sind Rechte, die nicht auf Antrag gewährt werden.
Folglich fordert die EKKJ:
- von der Politik und der Zivilgesellschaft (insbesondere Jugendräte, Jugendparlamente und Jugendorganisationen), Projekte zur Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre in ihrem Kanton oder auf Bundesebene zu lancieren.
von den Akteurinnen und Akteuren des schulischen und ausserschulischen Bereichs, die Massnahmen zur Förderung und Unterstützung der politischen Bildung von Jugendlichen zu verstärken.
Ein Massnahmenkatalog zur Stärkung der politischen Kompetenzen
Die EKKJ befürwortet einen Massnahmenkatalog zur Stärkung der Kompetenzen und des Interesses von Jugendlichen für die politische Partizipation. Diese Massnahmen sollen dazu beitragen, dass die Jugendlichen zu Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen, die sich ihrer Rechte und Verantwortungen bewusst sind. Der Massnahmenkatalog lässt sich wie folgt skizzieren:
Im schulischen Bereich muss die politische Bildung durch theoretische Kenntnisse und partizipative Erfahrungen vertieft werden (z.B. Schülerräte, Teilnahme an Parlamentssimulationen oder an fiktiven Abstimmungen auf Schulebene, Debatten zu aktuellen sozialen Fragen). Die politische Bildung beginnt nicht erst am Ende der obligatorischen Schulzeit, sondern bereits bei den Kleinsten, um so das Verständnis und die Ausübung kollektiver Entscheidungsprozesse sowie die damit einhergehende Verantwortung im Programm der obligatorischen Schule zu verankern.
Im ausserschulischen Bereich gilt das Hauptaugenmerk der frühen Förderung der Partizipation zu Themen, die Kinder und Jugendliche betreffen, im Quartier, in der Gemeinde und auf Kantonsebene. So können die Kinder und Jugendlichen in Debatten zu Sicherheit, Gestaltung des öffentlichen Raums, Kultur, Freizeit, Sport oder Mobilität eingebunden werden. Bei dieser Aufgabe sind die Jugendbeauftragten der Gemeinden und Kantone, die Sozialarbeitenden und die Vereine wichtige Eckpfeiler. Die für Partizipationsprojekte bereitgestellten Gelder, namentlich im Rahmen der Subventionspolitik des Bundes gestützt auf das KJFG, müssen nachhaltig gestärkt werden, um die Entwicklung guter Praktiken zu ermöglichen.
Die schulischen und ausserschulischen Massnahmen ergänzen sich gegenseitig. Sie zielen darauf ab,
die staatsbürgerlichen Kompetenzen der Jugendlichen zu fördern (demokratische Prozesse kennen und erleben),
ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie an diesen Prozessen legitim beteiligt sind und
sie zu ermutigen, diese Rolle auch wahrzunehmen.
All diese Massnahmen müssen dazu beitragen, die Jugendlichen auf ihre uneingeschränkte Partizipation am politischen Leben im Allgemeinen und dem institutionellen Leben im Besonderen vorzubereiten. In diesem spezifischen Kontext wird die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre ihre volle Wirkung entfalten.