Jugendliche und Politik: Wie sie sich beteiligen und was sie motiviert

Eine Studie im Auftrag der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) zeigt, dass junge Menschen in der Schweiz in vielen verschiedenen Formen politisch aktiv sind. Die Motivationsgründe für politische Mitwirkung sind ebenso unterschiedlich. Verbesserungspotential sehen die Jugendlichen vor allem bei einer Stärkung der politischen Bildung, beim Abbau von Zugangsbarrieren zu bestehenden Angeboten und bei der Schaffung von Lernräumen für die politische Partizipation.

 

Unser Verständnis von Politik und politischem Handeln beeinflusst, ob wir die Jugend als politisch aktiv wahrnehmen. Die von der EKKJ in Auftrag gegebene Studie «Politische Partizipationsformen und Motivation von Jugendlichen sich zu engagieren» geht von einem weit gefassten Verständnis von politischer Partizipation aus, das explizit auch nicht-institutionelle Beteiligungsformen und digitale Formate umfasst, die allen Jugendlichen offenstehen, auch jenen ohne Stimm- und Wahlrecht. Dazu gehören Klassenräte und Jugendparlamente, partizipative Projekte zum Bau eines Velowegs, ein Kulturfestival zum Thema Rassismus oder ein Austausch mit Personen aus der lokalen Politik, aber auch Meinungsbildung im Freundeskreis, bewusster Konsum (z.B. Boykott), Demonstrationen oder Unterschriftensammlungen. Die politische Partizipation von jungen Menschen ist denn auch entsprechend vielseitig.

Die Motivation sich politisch zu beteiligen ist abhängig vom Thema, von persönlichem Interesse und Betroffenheit. Oft reicht ein «Moment des Anstosses», die Ermutigung durch eine Bezugsperson, als Motivation für ein erstes Engagement. Strukturelle Faktoren wie die Sprache, der sozioökonomische Status und der Bildungsstand der Eltern, aber auch persönliche, wie sich rasch ändernde Lebensumstände oder die Angst vor Mobbing, erweisen sich als Einflussfaktoren.

Die Jugendlichen wünschen sich eine stärkere politische Bildung in der Schule, die nicht nur Wissen sondern auch Kompetenzen vermitteln soll, die für eine aktive politische Rolle aus ihrer Sicht nötig sind. Für das Üben dieser Kompetenzen brauchen sie sichere Lernräume und Mitwirkungsmöglichkeiten, in denen (Noch-)Nicht-Wissen und Meinungsvielfalt auch von Autoritätspersonen wie Lehrerinnen und Lehrern akzeptiert werden und in denen sie Erfahrungen sammeln können. Das fördert die Selbstwirksamkeit und damit die Motivation, sich weiter zu beteiligen.

Die EKKJ erachtet es auch als wichtig und entscheidend, bei den Jugendlichen das Interesse für politische Themen und Strukturen zu wecken. Sie teilt zudem die Auffassung der Forschenden, dass es Aufgabe von Politik und Gesellschaft ist, zum einen das bestehende, vielfältige politische Handeln der Jugendlichen als solches anzuerkennen, und zum anderen den jungen Menschen auch alltagsnahe Möglichkeiten zur Partizipation zu bieten, die zu ihrer Lebenswelt passen.

 

Empfehlungen der EKKJ

Die EKKJ hat basierend auf diesen Ergebnissen folgende Empfehlungen zur Förderung der politischen Partizipation von Jugendlichen erarbeitet. Sie wird diese
in einer Broschüre ausführlicher beschreiben und den entsprechenden Stellen kommunizieren:

  • Lebenswelt der jungen Menschen beachten
  • Politisches Interesse wecken
  • Zugang zu Angeboten erleichtern
  • Lernräume für politische Partizipation schaffen
  • Politische Bildung in der Schule fördern
  • Ernsthafte, wirkungsvolle Partizipation ermöglichen
 

 

Partizipatives Forschungsdesign

Die Kommission legte bei der Ausschreibung der Studie grossen Wert auf ein partizipatives Studiendesign mit einem starken Fokus auf die Perspektive der jungen Menschen. Die vorliegende qualitative Studie wurde von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft und econcept in Zusammenarbeit mit der HES-SO Wallis und der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana SUPSI durchgeführt. Mittels eines innovativen, aufeinander aufbauenden Mixes von unterschiedlichen partizipativen Methoden wurden Jugendliche zwischen 12 und 27 Jahren zu jedem Zeitpunkt der Studie aktiv einbezogen. Die EKKJ empfiehlt, bei Forschung zur Partizipation immer auch partizipative Forschungsmethoden zu nutzen.

 

Auskunft:    Sekretariat EKKJ, ekkj-cfej(at)bsv.admin.ch, Tel. 058 485 64 24, www.ekkj.ch

Der Forschungsbericht steht auf der Website der EKKJ unter https://ekkj.admin.ch/publikationen/berichte zur Verfügung.

Eine gedruckte Version kann über folgenden Link bestellt werden: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/forschung/forschungspublikationen.exturl.html?lang=de&lnr=15/22#pubdb.

Zitiervorschlag: Nef, Susanne; Gisiger, Jasmin; Frigo Charles, Olivia; Gertel, Ethan; Pizzera, Michele; Suppa, Anna; Streckeisen, Peter (2022). Politische Partizipationsformen und Motivation von Jugendlichen sich zu engagieren. Beiträge zur Sozialen Sicherheit. Forschungsbericht Nr. 15/22. Bern: Bundesamt für Sozialversicherungen BSV.